HoGeSa-Aufmarsch: Statement in eigener Sache

In den letzten Tagen haben wir einige kritische Anfragen erhalten, weshalb wir nicht in größerem Umfang gegen den HoGeSa-Aufmarsch am vergangenen Sonntag mobilisiert haben. Daher möchten wir unsere Beweggründe für diese Entscheidung kurz erläutern.

Bereits vor einiger Zeit haben wir uns nach intensiven Diskussionen dazu entschieden, nicht mehr jede extrem rechte Mobilisierung zum Anlass zu nehmen, Gegenproteste zu organisieren. In den vergangenen Monaten gab es hier vor Ort viele Gelegenheiten, gegen rechte Splittergruppen und Kleinstparteien (Widerstand Ost/West, Pro NRW, HoGeSa etc.) auf die Straße zu gehen. In den meisten Fällen haben wir darauf verzichtet, eigenständige Gegenaktionen auf die Beine zu stellen. Von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, halten wir Veranstaltungen aus diesem Spektrum derzeit eher für unbedeutend. Daher haben wir uns dazu entschieden, verstärkt zu flüchtlingspolitischen Themen (wie z. B. aktuell im Stadtteil Frintrop oder im Bündnis Abschiebestop) zu arbeiten und auch weniger beachteten Themen, wie beispielsweise den Aktivitäten der islamistischen “Lies!”-Sekte, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das bedeutet nicht, dass wir Gegenproteste zu rechten Veranstaltungen nicht unterstützen. Aber angesichts begrenzter Kapazitäten können wir nicht auf jeder Hochzeit tanzen. Wer schon einmal in einer Gruppe aktiv war und größere Kundgebungen oder Demos organisiert hat, weiß, wie kräftezehrend das sein kann. Diese Entscheidungsprozesse schlagen sich dann letztlich auch in der (Nicht-)Mobilisierung zu bestimmten Veranstaltungen nieder.

Das leitet uns zum nächsten Punkt über: Antifa ist kein Dienstleistungsunternehmen. Wir entscheiden selbst, mit welchen Themen wir uns beschäftigen und zu welchem Anlass wir aktiv werden – das passiert nicht auf Zuruf von außen! Für diese Entscheidungen, Aktionen und Inhalte kann man uns dann gerne auch kritisieren, aber mit einer Erwartungshaltung an die Sache heranzugehen, dass wir doch was organisieren müssten, weil irgendeine rechte Kleinstgruppe in Essen aufläuft, ist absolut daneben. Antifa-Arbeit lebt von der Selbstorganisierung – besser gesagt, sie sollte es. Denn leider herrscht ein absolutes Missverhältnis von Aktivisten in organisierten Strukturen auf der einen und Teilnehmern auf Antifa-Veranstaltungen auf der anderen Seite. Dieser traurigen Tatsache müssen wir uns nun mal stellen und einen Umgang für uns finden. Derzeit bedeutet das, lediglich zu den selbstständig gesetzten Schwerpunkten zu arbeiten – und der Hogesa-Aufmarsch vom 20.09.2015 gehörte eben nicht dazu.

Dass wir es aber auch nicht bei einem plumpen „Macht doch selbst was!“ stehen lassen, zeigt u. a. unser Engagement für das Offene Antifa-Café im AZ Mülheim und für die Kampagne Organize!. Beide Projekte haben das erklärte Ziel, die linke Selbstorganisierung im Ruhrgebiet zu fördern und neu gegründete antifaschistische Gruppen in ihrer Arbeit zu unterstützen. In diesem Sinne: Werdet aktiv und organisiert euch!