Kritik des politischen Islam – Vortragsreihe ab dem 05.09.

Antifa Essen Z in Kooperation mit der Volkshochschule Essen

„Kritik am politischen Islam“
– Facetten einer religiös-fundamentalistischen Bewegung

Der 05.09.2018 ist der Auftakt für unsere Veranstaltungsreihe zum Thema „Kritik am politischen Islam – Facetten einer religiös-fundamentalistischen Bewegung“ aufmerksam machen. Die fünfteilige Reihe organisiert unsere Gruppe in Kooperation mit der Volkshochschule Essen, wo die Vorträge auch stattfinden werden. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19 Uhr. Der Eintritt ist kostenfrei.

Die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik – das wusste schon Karl Marx, und bis in die 68er-Bewegung hinein war die Religionskritik stets Bestandteil einer politischen Gesellschaftskritik. In heutiger Zeit wird die Religion immer politischer und der religiöse Fundamentalismus nimmt weltweit zu. Insbesondere der Islamismus zeigt sich hier in prominenten, häufig militanten und terroristischen Ausformungen. Während rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppen und Parteien die Kritik am Islamismus rassistisch instrumentalisieren, schweigt die große Mehrheit der deutschen Linken häufig dazu, mal aus falsch verstandener Solidarität mit diskriminierten Minderheiten, mal aus Angst, selbst zu diskriminieren. Die Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Essen beleuchtet das Themenfeld “Islam und Islamismus” aus einer emanzipatorischen Perspektive.

Reihenfolge:
| 05. Sept. | Dr. Matthias Küntzel: Islamischer Antisemitismus
| 20. Sept. | Dr. Floris Biskamp: Islamdebatten zwischen antimuslimischem Rassismus und emanzipatorischer Kritik
| 27. Sept. (Nachhol-Termin!) | Dr. Manuel Kellner über Religionskritik aus politischer Perspektive
| 4. Okt. | Schmalle: Die islamischen Dachverbände
| 11. Okt. | Florian Markl: Deutsche Wirtschaftsbeziehungen zu islamistischen Regimen

19:00 Uhr | VHS Essen, Raum U.01 (Großer Saal), Burgplatz 1, 45127 Essen

Der Flyer zur Vortragsreihe: [Download]

Ankündigungstexte:

|05. Sept.| Dr. Matthias Küntzel: Islamischer Antisemitismus

Der Antisemitismus und die Leugnung des Holocaust sind in den islamischen Gesellschaften des Mittleren und Nahen Ostens erheblich weiter verbreitet, als in anderen Teilen der Welt. Warum ist das so? Oft wird diese Frage mit einem Hinweis auf Israel, dessen Politik diesen Judenhass angeblich schüre, beantwortet. Doch diese Antwort greift zu kurz.Sie ignoriert, dass Nazi-Deutschland seit 1937 seine Möglichkeiten nutzte, um den Antisemitismus in diesem Teil der Welt zu befördern. In diesem Zusammenhang war der Kurzwellenrundfunksender Radio Zeesen das wichtigste Propagandainstrument der Nationalsozialisten in dem arabischen Raum. Mit diesem neuen Medium wurde die antisemitische Propaganda unter Muslimen verbreitet: Man sendete mehrmals täglich in zwei arabischen Dialekten, aber auch auf Persisch, Türkisch und Hindi. Ebenso, wie die Nazis in Europa den christlichen Antijudaismus radikalisierten, so spitzten sie im Nahen Osten den muslimischen Antijudaismus aus dem Koran und anderen islamischen Frühtexten zu und verknüpften ihn mit europäischen antisemitischen Verschwörungstheorien.Hierzulande aber ist über dieses Kapitel unserer deutschen Geschichte wenig bekannt. Der Vortrag offenbart eine historische Entwicklung zu den gegenwärtigen islamistischen Angriffen auf jüdische Einrichtungen in Toulouse, Paris, Brüssel, Kopenhagen und auf Juden in Berlin in der Tradition dieses alt-neuen antisemitischen Programms.

Dr. Matthias Küntzel, Politikwissenschaftler und Historiker aus Hamburg, hat die historische Verbindung von Islamismus und Antisemitismus in seinem Buch „Djihad und Judenhass. Über den neuen antijüdischen Krieg“ thematisiert. Von 2004 bis 2015 war Küntzel externer associate researcher beim Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) an der Hebrew University in Jerusalem. 2011 wurde er von der Anti-Defamation League (ADL) mit dem Ehrlich-Schwerin-Menschenrechtspreis ausgezeichnet.

 

|13. Sept.| Dr. Manuel Kellner: Religionskritik aus politischer Perspektive

Beginnend mit der Aufklärung sind verschiedene Argumentationsmuster der Religionskritik entwickelt worden, die vornehmlich die Dogmen und gesellschaftlichen Vormachtstellungen der Institutionen hinterfragten.

Mit dem Philosophen Ludwig Feuerbach kam im 19. Jahrhundert eine Wende, denn er entzifferte die religiös-kirchlichen Dogmen als Projektionen des menschlichen Wesens und als unbewussten Ausdruck menschlicher Wünsche und Bedürfnisse.
Ausgehend von Feuerbach hat Karl Marx die Religionskritik in eine Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse, insbesondere der kapitalistischen Produktionsweise, überführt. Da diese Verhältnisse bis in die heutige Zeit fortbestehen, gibt es auch heute noch eine Hinwendung zur Religion.
Gerade fundamentalistische und esoterische Formen sind im Aufwind, begünstigt durch den Rückgang der Hoffnungen auf Selbstbefreiung im Diesseits. Eine Religionskritik darf nicht bei der Denunziation der Nutznießer der verschiedenen Glaubensrichtungen verbleiben, sondern muss die Einsichten von Marx berücksichtigen. Gegenüber religiösen Menschen ist einfühlendes Verstehen wichtig, um die Bedürfnisse und Potenziale dahinter zu erkennen.

Welche menschlichen Bedürfnisse drücken sich bei ihnen in religiösen Formen aus? Wie können sie für den gemeinsamen Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung gewonnen werden?

Dr. Manuel Kellner ist Buchautor und Journalist. Er veröffentlichte u.a. im Schmetterling-Verlag das Buch „Kritik der Religion und Esoterik“.

 

|20. Sept.| Dr. Floris Biskamp: Islamdebatten zwischen antimuslimischem Rassismus und emanzipatorischer Kritik

Egal, ob der Anlass ein islamistischer Terroranschlag, das Tragen eines islamischen Kopftuches in der Schule oder der Bau einer Moschee in der Nachbarschaft ist – immer wieder taucht in den „Islamdebatten“ in
Deutschland dasselbe Dilemma auf: Auf der einen Seite existiert ein immer sichtbarer werdendes Ressentiment gegen den Islam und Muslim*innen, das auch zu Diskriminierung und Gewalt gegen diese Bevölkerungsgruppe führt. Auf der anderen Seite gibt es im europäischen Diskurs weit verbreitete Auslegungen des Islam, die aus
emanzipatorischer Perspektive Gegenstand der Kritik sein müssen. Im Vortrag wird es darum gehen, die Probleme der Argumentationen beider Seiten zu benennen und herauszuarbeiten, wie sich emanzipatorische Kritik in diesem Dilemma verhalten kann.

Dr. Floris Biskamp ist Politikwissenschaftler und Soziologe an der Universität Kassel. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen politische Theorie, Gesellschaftstheorie, Religionspolitik, Populismusforschung und Rassismusforschung. Zuletzt erschienen seine Dissertationsschrift “Orientalismus und demokratische Öffentlichkeit. Antimuslimischer Rassismus aus der Perspektive von postkolonialer und neuerer kritischer Theorie” (transcript 2016) sowie der von ihm herausgegebene Sammelband „Ruck nach rechts? Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und die Frage nach Gegenstrategien“.

 

|4. Okt.| Schmalle: Die islamischen Dachverbände

In Deutschland haben wenige islamische Dachverbände den Anspruch, für alle Muslim*innen im Land zu sprechen, obwohl sie statistisch nur max. 20 Prozent dieser Bevölkerungsgruppe vertreten. Ob nun DITIB, der selbsternannte „Zentralrat der Muslime“ oder der „Islamrat“, – sie alle stellen sich in der Öffentlichkeit als demokratische Organisationen dar. Doch laut diverser Kritiker*innen verfügen sie über Verbindungen zu Organisationen wie der Millî Görüş-Bewegung, den Muslimbrüdern oder zum Spektrum der rechtsextremen Grauen Wölfe. In diesem Zusammenhang propagierten sie in ihren Gemeinden ein Islamverständnis, das nicht selten im Widerspruch zum deutschen Rechtsverständnis stünde. Auch der türkische Staat und die derzeitige Regierungspartei AKP nehmen über den DITIB-Verband Einfluss auf die religiösen und politischen Inhalte in den Islamgemeinden Deutschlands.
Wer oder was sind die Organisationen, die von Bund und Ländern als Integrationspartner*innen angesehen werden? Der Vortrag liefert einen Einblick in drei der vier islamischen Dachverbände:
Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DİTİB), der Islamrat und der Zentralrat der Muslime in Deutschland.

Schmalle ist Blogger und arbeitet als Erzieher im Ruhrgebiet. In seinem Blog „Schmalle und die Welt“ schreibt er regelmäßig über die Themen Islamismus, Rechtsextremismus und Pädagogik. Sein besonderes Augenmerk liegt auf der Arbeit mit Menschen aus verschiedenen muslimischen Communities. Er spricht regelmäßig bei freien und öffentlichen Trägern, politischen Organisationen oder Gruppen von Studierenden zum Thema “Islam & Islamismus in Deutschland”. Außerdem schreibt er für das Internetportal „Ruhrbarone“.

 

|11. Okt.| Florian Markl: Deutsche Wirtschaftsbeziehungen zu islamistischen Regimen

„Die historische Verantwortung Deutschlands für Israel ist Teil der Staatsräson meines Landes“, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel im März 2008 vor dem israelischen Parlament, der Knesset. Das hindert die Bundesrepublik aber nicht daran, mit erklärten Todfeinden des jüdischen Staates zusammen zu arbeiten. Das betrifft allen voran die Wirtschaftsbeziehungen zur Islamischen Republik Iran, dessen wichtigster Handelspartner über viele Jahre Deutschland war.

Dieses ambivalente Regierungshandeln zeigte sich auch bei der Politik des seinerzeitigen Vizekanzlers und Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel. In vielen Reden betonte er das Existenzrecht Israels, was durch keinen Handelspartner politisch in Frage gestellt werden dürfe. Nach Abschluss des sogenannten Wiener Abkommens im Atomstreit mit dem Iran war er 2015 jedoch der erste westliche Spitzenpolitiker, der mit einer Wirtschaftsdelegation zum islamistischen Regime in Teheran reiste, dessen Oberster Führer Ali Chamenei die Existenz des Staates Israels nicht anerkennt sowie den Holocaust leugnet.
Beide Beispiele zeigen, dass die regelmäßigen Sonntagsreden deutscher Politiker*innen zum Existenzrecht Israels oder zur Wichtigkeit der Bekämpfung des Antisemitismus und des Islamismus von der Außen- und Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik regelrecht konterkariert werden. Der Vortrag erläutert die Konsequenzen dieser widersprüchlichen deutschen Politik.

Florian Markl ist Politikwissenschaftler und wissenschaftlicher Leiter des unabhängigen Nahost-Thinktanks „Mena Watch“ in Wien. Zuvor war er Archivar und Historiker beim Allgemeinen Entschädigungsfonds für die Opfer des Nationalsozialismus und Lehrbeauftragter an der Universität Wien. Kürzlich veröffentlichte er zusammen mit Alex Feuerherdt das Buch „Vereinte Nationen gegen Israel “ im Verlag Hentrich & Hentrich.
Disclaimer: Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen